Freitag, 19. Februar 2010

das andere zuhause

ihr lieben!
ich bin mittlerweile seit drei tagen in meinem anderen, deutschen zuhause und sehr mit dem versuch beschäftigt, mich zu aklimatisieren. der sprung von 32 auf 1 grad ist dabei nur ein kleiner teil. viel schwieriger ist es, sich wieder an den rechtsverkehr zu gewöhnen und damit fertig zu werden, dass ich meine zähne jetzt eben nicht mehr unterm sternenhimmel putzen kann. viel zu schnell werden fließendes wasser, heizung, demokratie und meinungsfreiheit wieder "ganz normale" werte, selbstverständlichkeiten.

die letzten tage in nairobi waren noch recht ereignisreich. am montag hat anton seine zweite infusion bekommen und ich habe das waisenhaus besucht, in dem ich letztes jahr zwei monate gearbeitet habe, das liegt ja beinahe nebenan. erinnert ihr euch noch an richie, mein kleines lieblingsbaby? er war anfangs immer recht apatisch, schaukelte nur einsam vor sich hin und reagierte kaum auf seine umwelt. umso erstaunter war ich am montag, ihn lachen, plappern und sogar ein paar schritte laufen zu sehen. auch pauline, das kleine dürre baby von damals, hat sich zu einem prächtigen mädchen entwickelt und nichts von ihrem einnehmenden lachen verloren. es war wunderbar, "meine" kleinen racker wiederzusehen.

am dienstag haben wir ein anderes waisenhaus besucht, wo eine freundin letztes jahr gearbeitet hat. es gab ziemliche probleme dort, und weil meine freundin die einrichtung weiterhin unterstützen will, hat sie mich zur recherche vor ort geschickt. das habe ich sehr gern gemacht, weil ich bereits letztes jahr zweimal dort zu besuch war. damals hieß es shepherds waisenhaus und beherbergte 45 kinder in einer gegend, die wir in deutschland als slum bezeichnen würden, in wellblechhütten und mit einem schuttplatz als spielhof. bis meine freundin, die dort arbeitete, verwandte und bekannte in deutschland mobil machte und spielsachen und geld für zement sammelte, womit das waisenhaus einen aufschwung erfuhr und die bedingungen erheblich erleichtert und verbessert wurden. das zog allerdings auch neider auf den plan, die unter zwielichtigen behauptungen an das nun zementierte stück land wollten und nicht nur lügen und gerüchte verbreiteten, um die einrichtung in ein schlechtes licht zu ziehen, sondern soweit gingen, nachts mit einem laster anzufahren und zu versuchen, die kinder darin einzuladen und abzutransportieren. mit hilfe der anwohner konnten sich die kinder wehren, doch während des umzugs am nächsten tag wurden mehrere sachen gestohlen. nach einigem hin und her sind die mittlerweile 48 schutzbedürftigen kinder in einem winzigen haus untergebracht, mit neun räumen, die als klassen-, schlaf- und unterrichtsraum gleichzeitig dienen, die einrichtung wurde neu gegründet und geordnet, unterstützende organisationen über den neuen sachstand informiert (denn auch ihnen wurden gerüchte erzählt, damit andere leute die eigentlich für das waisenhaus gedachten spenden einsacken konnten) und man sammelt nun spenden für ein stück land, auf dem man wieder ganz von vorne anfangen muss und will..

das ganze war sehr berührend und hat mich ein bisschen mitgenommen, vor allem mit dem hintergedanken, dass regierungsmitglieder vor kurzem geld für die freie schulerziehung in eigene taschen gesteckt und sich mit nicht subventioniertem mais, der für die hungernde und lebensbedrohte bevölkerung im norden des landes gedacht war, bereichert haben. mit den gleichen korrupten methoden werden matatufahrer von polizisten ausgenommen und "piepsende" personen durch die sicherheitsschleußen am flughafen geschickt, vor aller augen. und korruption macht selbst vor kindern nicht halt, deren eltern tot, prostituierte, kriminelle, alkoholiker oder alles zusammen sind und die in einer kleinen, ehrenamtlichen organisation ein wenig schutz suchen.

nach der dritten ladung medizin, die anton an diesem tag nicht mehr in einer infusion aufgelöst, sondern als kompakte spritze verabreicht bekam (die gleich mal so reinhaute, dass er sich erstmal kurz setzen musste), sind wir dann noch mit seiner mutter pizza essen gegangen. das klingt jetzt für unsere verhältnisse ganz normal, aber zum normalen kenianischen (kulinarischen) alltag gehört pizza eigentlich nicht. nun habe ich anton ja bereits letztes jahr in die kunst des pizza-essens eingeweiht und während seiner drei monate in takatifu hat er des öfteren pizza-abende genossen (es sind halt doch viele wazungu dort), aber für seine mutter war es das allererste mal in ihrem leben. sie hat es sichtlich genossen und es war ein heidenspaß, ihr beim essen zuzusehen und dabei, wie ihr gesichtsausdruck von skeptisch über überrascht zu begeistert wechselte.

abends habe ich letzte dinge organisiert und gepackt, bei antons schwester zu abend gegessen und unter tränen meinen rückflug angetreten. die tränen sind getrocknet, die vorhaben groß und eins ist hundertundeinsprozentig sicher: NITARUDI!! ich komme wieder!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen